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Im Jahre 1926 veröffentlichte Dr. August Staehelin-Paravicini in Basel sein Inventar zu den Schliffscheiben der Schweiz. Staehelin stammt aus einer alten, in Basel eingesessenen Familie, war Augenarzt und leidenschaftlicher Kunstsammler.
Schliffscheiben sind wertvolle historische Kunst- und Kulturgüter und werden als Volkskunst den Glasgemälden zugeordnet. Die Schweiz darf mit Stolz auf eine reiche und sehr bedeutende Glasmalertradition zurückblicken. Die Tradition des Scheibenschenkens beginnt mit dem Aufkommen und der Gründung von Städten wie Bern, Zürich etc. und findet ihren Höhepunkt im 16. und 17. Jahrhundert. Das Schenken von Buntscheiben war eine kostspielige Angelegenheit und mehrheitlich einer privilegierten reichen städtischen Oberschicht vorbehalten.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kamen zuerst farblose, mit Diamantstift geritzte Scheiben auf. Nur wenig später kamen die eigentlichen Schliffscheiben in Mode und verdrängten die Buntscheiben. Wie und auf welchem Weg das Schleiffen von Flachglas genau in unsere Region kam ist leider nicht bekannt. Vermutlich brachten böhmische Glashändler auf ihren ausgedehnten Wanderungen Gläser mit eingeschliffenen Dekorationselementen mit und boten diese auf Märkten zum Kauf an. Es ist bemerkenswert dass in den Museen Böhmens keine Schliffscheiben bekannt sind. Es ist deshalb anzunehmen dass Glaser in unseren Breitengraden das Schleiffen von Gläsern von böhmischen Glashändlern erlernt haben.
Das 18. Jahrhundert ist das Zeitalter der Aufklärung, der grossen Botaniker, Philosophen, Dichtern, Komponisten und Malern. Der Bauernstand, im ganz Besonderen im Kanton Bern, erreicht seinen Höhepunkt wie er nie mehr dagewesen war. Das 18. Jahrhundert war von Frieden im Lande und reichen Ernten, durch gutes Klima und neue Erkenntnisse in der landwirtschaftlichen Produktion begünstigt. Unter dem Einfluss und Gründung der Oekonomischen Gesellschaft Bern wird die Landwirtschaft verbessert, die Dreizelgenwirtschaft wird durch die Dreifelderwirtschaft abgelöst, eine verbesserte Tierhaltung in Stall und auf dem Felde, das Düngen von Acker und Feld eingeführt. Während die Bodenzinse aus dem Mittelalter stammten und immer gleich blieben, erhöhte sich dem gegenüber der Ertrag von Stall und Felde um das Vielfache. Der einfache Bauer gelangte zu Reichtum und wusste genau wie er ihn vermehren konnte.
Nicht zuletzt unter dem Einfluss der Oekonomischen Gesellschaft wurden die alten und maroden Bauernhütten abgebrochen und neue, grössere, modernere, und hellere Bauernhäuser gebaut. Bislang bestanden die Fenster noch aus einzelnen runden Butzenscheiben, welche das Licht nur spärlich in die ohnehin etwas düsteren Bauernstuben lenkten. Der Wunsch nach mehr Licht im Hause wurde ein Bedürfnis. Das Aufkommen der Schliffscheiben fällt genau in diese Zeit. Im Vergleich zu den Buntscheiben sind die Schliffscheiben in ihren Anschaffungspreisen in einem günstigeren Preissegment. Eine Tradition des gegenseitigen Scheiben- und Fensterschenkens begann bereits im Mittelalter, beschränkte sich jedoch hauptsächlich auf eine städtische privilegierte, gesellschaftliche Oberschicht. Bäuerliche Buntscheiben treten eher selten auf. Das Scheiben- und Fensterschenken mit Schliffscheiben begann erst ganz am Ende des 17. Jahrhunderts und findet ab 1730 - 1820 seinen absoluten Höhepunkt. Die jüngsten Schliffscheiben stammen in etwa aus den 1830er- Jahren. Wurde ein neues Haus gebaut oder in einem bereits bestehenden neue Fenster eingebaut, schenkten dem Bauherrn Eltern, Geschwister und Freunde einen Fensterflügel mit einer darin eingesetzten Schliffscheibe, mit ihrem Wappen, einem gut gemeinten Spruch oder einer biblischen Szene darstellend. Man muss berücksichtigen, dass die damaligen Fenster in den Bauernhäuser noch nicht so gross waren wie unsere heutigen Fenster. Die Schliffscheiben tragen deshalb nicht die Namen der damaligen Hausbesitzer, sondern die Namen der Spender.
Bereits ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten Touristen zuerst im Berneroberland die leuchtenden Kleinode und boten deren Besitzern dafür Geld an. So kamen diese Schliffscheiben in der Schweiz, in London, in Paris auf den Kunstmarkt. In Bern und Basel entstanden bedeutende Sammlungen. Museen wie das Bernische Historische Museum erkannten bereits in den 1890er-Jahren die kunst- und kulturhistorische Bedeutung dieser Schliffscheiben und bauten mit grossem Erfolg ihre eigenen Sammlungen dazu auf. Dr. August Staehelin-Paravicini inventarisierte alle Sammlungen die ihm bekannt und zugänglich waren und publizierte diese 1926 in seinem Lebenswerk "Die Schliffscheiben der Schweiz".
Es ist für mich ein grosses Glück, dass ich vor einem Jahr mit seiner Grosstochter Christine Staehelin Bekanntschaft machen durfte und so einen eindrücklichen Einblick in das Leben des kunstbegeisterten August Staehelin erhalten durfte. Sie gab mir den Anstoss und Input das Standardwerk von Staehelin zu überarbeiten, ergänzen und einem heutigen Wissensstand anzupassen. Die Schliffscheiben sind nicht nur in kunst- und kulturhistorischer Sicht wertvoll, sondern sie sind Informationsträger wie ein Stick für einen Computer in der Familienforschung und Genealogie, in Namensforschung und Sozialforschung. Sie erzählen von gesellschaftlichen und sozialen Verflechtungen in ländlichen Gesellschaftsstrukturen. Es ist wichtig, dass diese Schliffscheiben nicht unbemerkt in privaten Sammlungen und in den Magazinen der Museen ihr Dasein fristen, sondern dass diese interessierten Kreisen wie Wissenschaft und Familienforschung/Genealogie, zugänglich sind. Glas ist zerbrechlich, es ist auch nicht möglich dass alle möglichen interessierten die Originalscheiben betrachten können. Aber ich denke, und es ist meine Absicht, die Schliffscheiben der Schweiz, entweder in Papierform oder in elektronischer Form wieder zugänglich werden.
Ich arbeite mit dem Vitrocentre Romont, welches genau diese Aufgabe vom schweizerischen Bundesrat hat, nämlich die Glasgemälde der Schweiz, im In- und Ausland, zu inventarisieren, zusammen. Ich suche deshalb Kontakte zu privaten Sammlern/innen um ihre Sammlungen aufzunehmen, zu fotografieren und diese zu inventarisieren. Ich bitte deshalb alle die Schliffscheiben besitzen das Kontaktformular auszufüllen und an mich abzusenden.
Meinen ganz herzlichen Dank für Ihre freundliche und grosszügige Unterstützung
Schliffscheiben sind wertvolle historische Kunst- und Kulturgüter und werden als Volkskunst den Glasgemälden zugeordnet. Die Schweiz darf mit Stolz auf eine reiche und sehr bedeutende Glasmalertradition zurückblicken. Die Tradition des Scheibenschenkens beginnt mit dem Aufkommen und der Gründung von Städten wie Bern, Zürich etc. und findet ihren Höhepunkt im 16. und 17. Jahrhundert. Das Schenken von Buntscheiben war eine kostspielige Angelegenheit und mehrheitlich einer privilegierten reichen städtischen Oberschicht vorbehalten.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kamen zuerst farblose, mit Diamantstift geritzte Scheiben auf. Nur wenig später kamen die eigentlichen Schliffscheiben in Mode und verdrängten die Buntscheiben. Wie und auf welchem Weg das Schleiffen von Flachglas genau in unsere Region kam ist leider nicht bekannt. Vermutlich brachten böhmische Glashändler auf ihren ausgedehnten Wanderungen Gläser mit eingeschliffenen Dekorationselementen mit und boten diese auf Märkten zum Kauf an. Es ist bemerkenswert dass in den Museen Böhmens keine Schliffscheiben bekannt sind. Es ist deshalb anzunehmen dass Glaser in unseren Breitengraden das Schleiffen von Gläsern von böhmischen Glashändlern erlernt haben.
Das 18. Jahrhundert ist das Zeitalter der Aufklärung, der grossen Botaniker, Philosophen, Dichtern, Komponisten und Malern. Der Bauernstand, im ganz Besonderen im Kanton Bern, erreicht seinen Höhepunkt wie er nie mehr dagewesen war. Das 18. Jahrhundert war von Frieden im Lande und reichen Ernten, durch gutes Klima und neue Erkenntnisse in der landwirtschaftlichen Produktion begünstigt. Unter dem Einfluss und Gründung der Oekonomischen Gesellschaft Bern wird die Landwirtschaft verbessert, die Dreizelgenwirtschaft wird durch die Dreifelderwirtschaft abgelöst, eine verbesserte Tierhaltung in Stall und auf dem Felde, das Düngen von Acker und Feld eingeführt. Während die Bodenzinse aus dem Mittelalter stammten und immer gleich blieben, erhöhte sich dem gegenüber der Ertrag von Stall und Felde um das Vielfache. Der einfache Bauer gelangte zu Reichtum und wusste genau wie er ihn vermehren konnte.
Nicht zuletzt unter dem Einfluss der Oekonomischen Gesellschaft wurden die alten und maroden Bauernhütten abgebrochen und neue, grössere, modernere, und hellere Bauernhäuser gebaut. Bislang bestanden die Fenster noch aus einzelnen runden Butzenscheiben, welche das Licht nur spärlich in die ohnehin etwas düsteren Bauernstuben lenkten. Der Wunsch nach mehr Licht im Hause wurde ein Bedürfnis. Das Aufkommen der Schliffscheiben fällt genau in diese Zeit. Im Vergleich zu den Buntscheiben sind die Schliffscheiben in ihren Anschaffungspreisen in einem günstigeren Preissegment. Eine Tradition des gegenseitigen Scheiben- und Fensterschenkens begann bereits im Mittelalter, beschränkte sich jedoch hauptsächlich auf eine städtische privilegierte, gesellschaftliche Oberschicht. Bäuerliche Buntscheiben treten eher selten auf. Das Scheiben- und Fensterschenken mit Schliffscheiben begann erst ganz am Ende des 17. Jahrhunderts und findet ab 1730 - 1820 seinen absoluten Höhepunkt. Die jüngsten Schliffscheiben stammen in etwa aus den 1830er- Jahren. Wurde ein neues Haus gebaut oder in einem bereits bestehenden neue Fenster eingebaut, schenkten dem Bauherrn Eltern, Geschwister und Freunde einen Fensterflügel mit einer darin eingesetzten Schliffscheibe, mit ihrem Wappen, einem gut gemeinten Spruch oder einer biblischen Szene darstellend. Man muss berücksichtigen, dass die damaligen Fenster in den Bauernhäuser noch nicht so gross waren wie unsere heutigen Fenster. Die Schliffscheiben tragen deshalb nicht die Namen der damaligen Hausbesitzer, sondern die Namen der Spender.
Bereits ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten Touristen zuerst im Berneroberland die leuchtenden Kleinode und boten deren Besitzern dafür Geld an. So kamen diese Schliffscheiben in der Schweiz, in London, in Paris auf den Kunstmarkt. In Bern und Basel entstanden bedeutende Sammlungen. Museen wie das Bernische Historische Museum erkannten bereits in den 1890er-Jahren die kunst- und kulturhistorische Bedeutung dieser Schliffscheiben und bauten mit grossem Erfolg ihre eigenen Sammlungen dazu auf. Dr. August Staehelin-Paravicini inventarisierte alle Sammlungen die ihm bekannt und zugänglich waren und publizierte diese 1926 in seinem Lebenswerk "Die Schliffscheiben der Schweiz".
Es ist für mich ein grosses Glück, dass ich vor einem Jahr mit seiner Grosstochter Christine Staehelin Bekanntschaft machen durfte und so einen eindrücklichen Einblick in das Leben des kunstbegeisterten August Staehelin erhalten durfte. Sie gab mir den Anstoss und Input das Standardwerk von Staehelin zu überarbeiten, ergänzen und einem heutigen Wissensstand anzupassen. Die Schliffscheiben sind nicht nur in kunst- und kulturhistorischer Sicht wertvoll, sondern sie sind Informationsträger wie ein Stick für einen Computer in der Familienforschung und Genealogie, in Namensforschung und Sozialforschung. Sie erzählen von gesellschaftlichen und sozialen Verflechtungen in ländlichen Gesellschaftsstrukturen. Es ist wichtig, dass diese Schliffscheiben nicht unbemerkt in privaten Sammlungen und in den Magazinen der Museen ihr Dasein fristen, sondern dass diese interessierten Kreisen wie Wissenschaft und Familienforschung/Genealogie, zugänglich sind. Glas ist zerbrechlich, es ist auch nicht möglich dass alle möglichen interessierten die Originalscheiben betrachten können. Aber ich denke, und es ist meine Absicht, die Schliffscheiben der Schweiz, entweder in Papierform oder in elektronischer Form wieder zugänglich werden.
Ich arbeite mit dem Vitrocentre Romont, welches genau diese Aufgabe vom schweizerischen Bundesrat hat, nämlich die Glasgemälde der Schweiz, im In- und Ausland, zu inventarisieren, zusammen. Ich suche deshalb Kontakte zu privaten Sammlern/innen um ihre Sammlungen aufzunehmen, zu fotografieren und diese zu inventarisieren. Ich bitte deshalb alle die Schliffscheiben besitzen das Kontaktformular auszufüllen und an mich abzusenden.
Meinen ganz herzlichen Dank für Ihre freundliche und grosszügige Unterstützung